Süddeutsche Jährliche Konferenz 2022 – Bericht
Sprüche klopfen
Fellbach und Göppingen | 22. bis 26. Juni 2022
„Sprüche klopfen“: Ein Thema, das Aufhorchen lässt und das bisweilen auf Unverständnis stößt. Aber ein Thema, das in Zeiten von zunehmendem Populismus durchaus bedenkenswert ist. Zumal in der Bibel schon ein ganzes Buch „Sprüche“ heißt. Unsere Tagesthemen mit ihren Schwerpunkten waren:
- Frauennachmittag am Mittwoch: Wie komme ich vom Reden ins Tun?
- Eröffnungsgottesdienst mit Stefan Reinhardt: …das wird man wohl noch sagen dürfen!
- Morgenandacht des Bischofs am Donnerstag: …was gehört, gehört?
- Morgenandacht von Hans Ulrich Hofmann am Freitag: Ich hab ein Kind im Ohr!
- Gedächtnisgottesdienst: Was gute Worte ausrichten!
- Am Samstag das Referat von Barbara Djassi von der Initiative „Kleiner Fünf“: (Wie) rede ich mit Populisten! Die Idee der „Radikalen Höflichkeit“!
- Ordinationsgottesdienst am Sonntag mit Bischof Harald Rückert: Gesagt – getan!
Für mehr Informationen auf emk-sjk.de einfach auf die Links klicken, manche Beiträge kann man auch im Original nachlesen oder nachhören.
Bischofswort an die SJK
Beginnend mit einem Zitat aus dem Schlusswort der Zentralkonferenz, versucht Bischof Harald Rückert seine Beobachtungen der Konferenz ans/aufs Herz zu legen: „Kirchliche Arbeit neu zu verstehen und neu zu gestalten ist größer und dringlicher als auf den ersten Blick wahrnehmbar!“
- Wir leben in einer Zeit, in der sich Krise auf Krise türmt. Krisenmodus auf allen Ebenen, in allen Kirchen und auch bei uns. Das wiederum befördert den Wunsch nach Beständigkeit und Routine. Und es gibt Menschen, die sich in irrationale Gedankengebäude/Gedankenwelten flüchten, zu denen man keinen Zugang mehr findet. Beides behindert in erheblichem Maß den Willen zur notwendigen Veränderung.
- Der Trend zu mehr Individualität verstärkt sich auch in unserer Kirche. Sichtbar an den zunehmenden „Einzelfallentscheidungen“. Das Gemeinschaftliche wird laut in Frage gestellt. Eigene Bedürfnisse und Befindlichkeiten werden in den Vordergrund gestellt. Die Kirche, wer immer das dann ist, hat meine Sicht zu befriedigen. Den Prozess der Veränderung aber müssen wir gemeinsam angehen. Darin liegt die große Herausforderung.
- Das Klima in der Konferenz ist schlecht. Spürbar ist das in allen drei Konferenzen aber am deutlichsten in der SJK. Das hat mit Verunsicherung, mit Zukunftsängsten, den immer weniger werdenden Hauptamtlichen und den weniger und kleiner werdenden Gemeinden zu tun. Aber auch mit sich verselbstständigenden Geschichten, mit Vermutungen, Unterstellungen, Halbwahrheiten. Misstrauen wächst. Da gilt auch: Was gehört, gehört?! Statt „wir gemeinsam“, fallen Sätze wie: „die da“ und „wir“ oder „die da oben“ und „ich“! So spiegeln wir als Kirche wieder, was wir in der Gesellschaft wahrnehmen und erleben. Die Leitlinien des Runden Tisches wurden allseits positiv bewertet und haben viel Zustimmung erhalten. Doch scheinen sie zuerst für die Anderen zu gelten und weniger für mich. Nicht so sehr die großen, gewichtigen und zum Teil enttäuschenden Themen in der Kirche weltweit und bei uns haben uns stark belastet, sondern der innerkirchliche Klimawandel.
- Die Veränderung ist offenkundig, auch wenn wir sie nicht sehen wollen. Die vielen Krisen schieben uns, neugierig und offen darum zu ringen, wie wir uns für die Zukunft öffnen sollen. Sie öffnen die Tore weit für eine Zukunft, die wir noch nicht absehen. Eine Zukunft, in die Gott uns hineinführt. So gesehen ist diese krisengeschüttelte Zeit die beste Chance zur Veränderung, nicht weil bisher alles schlecht war. Wir sind dankbar für die Formen mit denen Gott Menschen vor 20, 30 oder 40 Jahren gerufen und erreicht hat. Gott will aber auch heute Menschen erreichen, deshalb will er uns umgestalten: weg vom „tun müssen“ zum „dabei sein wollen“, wenn Gott Neues schafft. Es ist seine Sache, an der wir stehen. „Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr‘s denn nicht?“ (Jesaja 43,18-19)
Veränderung wagen! – Gemeinsamer Bericht der Superintendentin und der Superintendenten zur Süddeutschen Jährlichen Konferenz
Einen wegweisenden Transformationsprozess in der SJK möchten die Superintendentin und die drei Superintendenten anstoßen. Für sie ist ein „Weiter so!“ keine Option mehr. Vakanzen, die Coronakrise, der Bedeutungsverlust der Kirchen und andere gesellschaftliche Krisen haben dazu veranlasst, die Situation unserer Kirche umfassend in den Blick zu nehmen. Durch Umfragen unter den Hauptamtlichen, den Gemeindegliedern und Diskussionen in verschiedenen Gremien konnte die Einschätzung vieler berücksichtigt werden.
Dabei bleibt es aber nicht bei einer Beschreibung der krisenhaften Situation, sondern es werden konkrete Wege aufgezeigt, wie ein solcher Veränderungsprozess vor sich gehen kann. Wichtig ist der Superintendentin und den Superintendenten dabei, dass es kein „von oben“ vorgegebener Weg wird, sondern ein gemeinsamer Prozess der gesamten SJK – deswegen soll er auch auf eine breite Basis gestellt werden. Konkret wird das durch die Einrichtung von sieben Projektgruppen, die jeweils eines der folgenden Handlungsfelder in den Blick nehmen werden: Ideen entwickeln, Vorschläge erarbeiten, Veränderungen in diesem Bereich aufzeigen und möglichst schon bis zur nächsten Konferenz an einigen Stellen ausprobieren und umsetzen.
- Inhaltliche Ausrichtung der EmK
Wofür steht unsere Kirche? Was sind die Themen, die die Menschen beschäftigen? Wie können wir diese Themen theologisch und spirituell so durchdringen, dass wir eine verständliche und unverzichtbare Stimme sind? Es braucht eine gemeinsame Vision für die EmK und es braucht viele Räume, um Menschen, die (bis jetzt) nicht zu uns kommen, zu begegnen und ihnen zuzuhören. - Gottesdienst und Veranstaltungen
Die Gottesdienstbesucherzahlen nehmen in allen Kirchen Deutschlands kontinuierlich ab. Gleichzeitig sehnen sich viele Menschen nach spirituellen Angeboten. Wie können wir Gottesdienste so gestalten, dass sie zur Oase für die Seele werden? Welche geistlichen Angebote braucht es? Egal, was wir konkret machen, unsere Angebote müssen alle Sinne und damit den ganzen Menschen ansprechen.
Unsere Gemeinden bieten vielfältige Gruppen und Kreise an. Doch auch hier erreichen wir immer weniger Menschen. Wir erleben eine Konkurrenz durch andere „Anbieter”, die manchmal schlicht besser sind. Menschen haben Angst, „missioniert” zu werden, trauen „der Kirche” nicht mehr oder erwarten von uns keine wertvollen Impulse. Welche Angebote braucht es explizit von uns, und wo kann möglicherweise in der Kooperation mit anderen mehr missionarische Kraft entfaltet werden? Es braucht Angebote, die niederschwellig sind und in denen das Zuhören der Anfang von allem ist. Wir brauchen Christen, die ihr Hobby nicht in der Kirche, sondern der „Welt“ leben und von uns dafür gesandt werden, dort unseren Glauben zu bezeugen. Und wir brauchen Angebote, in denen unser Alltag spirituell durchdrungen wird. - Personal
Wir müssen neue Wege gehen, um geeignete Personen für unsere Kirche zu finden. Wir brauchen einen bunteren Mix an unterschiedlichen Professionen, die wir gabenorientiert einsetzen. Wir brauchen neue Formen, um unsere Hauptamtlichen besser begleiten zu können. Beim Thema Personalentwicklung ist noch viel Luft nach oben. Gleichzeitig möchten wir daran erinnern, dass die Gemeinden aufgefordert sind, nach geeigneten Geschwistern Ausschau zu halten und diese zu motivieren, sich in den hauptamtlichen Dienst in unserer Kirche senden zu lassen. - Ehrenamt
Ohne die vielen Ehrenamtlichen, die sich unglaublich einsetzen, kann unsere Kirche nicht überleben. Gleichzeitig erleben viele Mitarbeitende, wie ihr Alltag zunehmend anstrengender wird. Wie schaffen wir es, das Ehrenamt attraktiv zu halten? Wie können wir auf die zunehmende Belastung reagieren? Auch Mitarbeitende müssen besser begleitet werden. Außerdem sollten wir mit anderen Gruppen kooperieren, wo das sinnvoll und verbindend ist. Aus „Was können wir für andere tun?” wird „Was können wir mit anderen gemeinsam tun?” - Strukturen
Als EmK haben wir viele gute Ideen, die wir (zu) oft nicht zielgerichtet umsetzen. Wie können Prozesse so gestaltet werden, dass unsere Umsetzung besser wird? Wie können wir gefasste Beschlüsse verbindlicher realisieren? Brauchen wir kleinere Gremien, die schneller verbindlich entscheiden können? Unsere ganze Struktur muss auf den Prüfstand, damit wir Dinge schneller entscheiden und vor allem zielgerichteter umsetzen können. - Standortentwicklung
Welche Gebäude erhalten wir und wo wären Hauskirchen die bessere Alternative? Wo können Bezirke durch enge Kooperation mit anderen Bezirken neue Kraft gewinnen? Wo betreuen wir treue Gemeinden mit wenig Entwicklungspotenzial und wo investieren wir Geld und Personal, damit Gemeinden attraktiver werden und wachsen? An welchen Orten gründen wir neu? Wo starten wir Fresh X-Projekte? Wir glauben: Es braucht eine mutige Diskussion darüber, wie unsere Standort-Politik in Zukunft aussehen soll. - Finanzen
Viele unserer Spender:innen geben mehr als genug. Gleichzeitig können wir nicht die Löhne bezahlen, die wir gerne zahlen würden (und im Vergleich zum Markt auch zahlen müssten, um konkurrenzfähig zu sein). Dazu kommt: Wollen wir neue Gemeinden gründen, kostet das zusätzliches Geld. Wie können wir unsere Einnahmen steigern? Wie erreichen wir Menschen, die uns unterstützen könnten? Wo gibt es Einsparpotenzial? Als Kirche müssen wir kommerzieller werden. Mit unseren Gebäuden oder mit Dienstleistungen Geld zu verdienen sollte für uns selbstverständlich werden. Denn dieses Geld ist bei uns in guten Händen.
Es ist allen klar, dass vieles von dem, was der Bericht enthält nicht neu ist. Es wurde schon viel gearbeitet in den letzten Jahren. Aber neu ist, dass „wir es jetzt wirklich machen“. Damit dieser Transformationsprozess gelingen kann, sind alle Hauptamtlichen und alle Ehrenamtlichen zur Mitarbeit aufgerufen, in dem Verständnis, dass dies aktuell die höchste Priorität für unsere Kirche innerhalb der SJK auf allen Ebenen hat. Wir bitten alle Glieder, Angehörige und Freunde unserer EmK-SJK darum, ihre Zeit und ihre Begabungen dafür einzusetzen, damit Veränderung gelingen kann. Möge Jesus Christus als HERR der Kirche Seinen Segen für den Neuaufbruch schenken!
Gesucht werden noch Menschen, u.a. (berufliche) Experten, die sich in die Projektgruppen einbringen möchten und können, um den Transformationsprozess aktiv mitzugestalten. Wenn ihr Interesse habt, mit dabei zu sein, dürft ihr euch an uns wenden, wir stellen gerne Kontakt zu den Leitungen der Projektgruppen her.
Wer den ganzen Bericht lesen möchte, finden ihn hier: Bericht der Superintendent:innen.
Hier noch ein paar weitere Informationen aus der SJK
Ein schon vollzogener Aufbruch zu Neuem!
Nachdem der Christliche Sängerbund e.V seine Tätigkeit beendet hat, wurde unter dem Dach des Bildungswerks ein Referat für Musik eingerichtet. Referent wird Christoph Tschunke, bisher Bundeskantor des Christlichen Sängerbunds.
Von Personen
- Die langjährige Lokalpastorin Dorothea Lautenschläger wurde im Gottesdient am Sonntag ordiniert.
- Wesley Pereira, bisher Pastor unserer Kirche in Brasilien, wurde in die SJK aufgenommen.
- Hans-Jochen Layher, dessen Frau Cornelia geb. Kiemle hier auf dem Bezirk sicherlich noch manchen bekannt ist, wurde als Entwicklungshelfer nach Sierra Leone ausgesandt und ihm Gottes Segen für diese Arbeit zugesprochen.
- In den Ruhestand verabschiedet wurden Pastorin Christine Erb-Kanzleiter und die Pastoren Klaus Schopf, Jürgen Fleck, Burkhardt Seeger und Alfred Schwarzwälder.
- Ein besonderes Jubiläum begehen darf Joachim Seidel. Er kann auf 60 Jahre im Dienst unserer Kirche zurückblicken.
- Im Gedächtnisgottesdienst am Freitage haben wir an Theo Leonhardt und sieben weitere verstorbene Pastorinnen und Pastoren gedacht.
(Wie) rede ich mit Populisten? Radikale Höflichkeit!
Aus dem Referat am Samstagmorgen von Barbara Djassi
Das rechtspopulistische Weltbild funktioniert nach dem Schema: „wir“ und „die anderen“, „die da oben“ und „wir“! So werden Bedrohungsszenarien konstruiert, die Menschen verunsichern. Wenn überhaupt, können diese Gräben nur durch Gespräch überwunden werden. Dabei ist darauf zu achten, dass zunächst harmlos klingende Wörter, ideologisch aufgeladen werden können (Kulturkreis, Flüchtlingsströme).
Ihre Tipps für ein Gespräch:
- Bleibe Cool! Normale Tonlage, nicht provozieren lassen.
- Stelle offene Fragen! Wie meinst du das? Was verstehst du genau darunter?
- Höre zu! Gesprächspartner ernst nehmen, ausreden lassen.
- Formuliere Kritik höflich! Ich Botschaften, eigene Erfahrungen, Verletzungen einbringen, es geht um Dialog, nicht ums Gewinnen.
- Agiere selbst! Bei einem Thema bleiben, nicht zum Themen-Hopping verleiten lassen. Man darf ein Gespräch auch beenden, wenn es zu schwierig wird.
Mit diesem Bericht wollten wir euch hineinnehmen in das, was unsere Kirche derzeit bewegt. Sicherlich können wir damit nur ein paar Blitzlichter und keinen umfassenden Einblick geben. Wer gerne mehr wissen möchte ist eingeladen, die Links oben zu nutzen und weiter durch emk-sjk.de zu stöbern oder uns persönlich anzusprechen.
Eure Laiendelegierten
Doris und Andreas